Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)
Von Dr. Erlefried Krobath
Den Zuwanderern, die sich im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts aus Schwaben kommend in dem von den Türken verwüsteten Gebiet von Kleinraming ansiedelten, gehörten auch die Mitglieder der Messerschmiedfamilie Schoiber an. Zwei der den zahlreichen Nachfahren dieser Familie entstammenden Brüder, Johann1) und Matthias, zogen nach Steyr und scheinen im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts als Bürger der Stadt auf.
Matthias Schoiber war Messerermeister und betrieb einen Eisengeschmeidhandel2) sowie die „Leutgebschaft mit ausgestecktem Zeiger“ im Hause Enge 1. In den Jahren 1670 bis 1677 war er Zechmeister der Messererhandwerker, 1677 deren Herbergsvater. Dieser angesehene Mann wurde sehr bald zu verschiedenen Tätigkeiten in der Stadtverwaltung berufen. Er wurde Mitglied des Äußeren und dann des Inneren Rates, Stadtkämmerer, Oberstadtkämmerer und Lazaretthausverwalter.3) Schließlich führten ihn Tüchtigkeit, Fleiß und Ehrenhaftigkeit an die Spitze der Stadt.
Die Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen für die Jahre 1688 und 1689 wurden über Befehl des Landeshauptmannes Graf Franz Josef Lamberg am 22. und 23. Oktober 1687 vorgenommen. In der am 30. Juni 1688 ausgefertigten Wahlbestätigung wurde ausdrücklich erwähnt, dass der neue Bürgermeister Matthias Schoiber ein „alt: meritirt (altverdienter) Rathsverwandter seye vnnd in bisheriger bedienung der Ihme aufgetragenen vnnderschiedtlichen Stattämbter sich gethreu, vleissig, vnnd in seinen darüber abgelegten Raittungen (Abrechnungen) allezeit ganz richtig erzaiget“ hatte. Am 5. Juli wurde Schoiber das neue Amt feierlich übergeben.4) Ein Ausschuss der versammelten Bürger legte ihm das „Hanndtglübt (Handgelübde) wegen erweißung des schuldtigen Gehorsambs vnnd respect …“ ab. Anschließend wurden die Neugewählten, Schoiber vom Inneren und Stadtrichter Johann Schwarzeigl vom Äußeren Rat, „unter Blasen der Turner“ in ihre Wohnungen geleitet.
In der Wahlbestätigung wurde dem Magistrat auch mitgeteilt, dass Kaiser Leopold die Wirtschaftsuntersuchungs-Kommission angewiesen hatte, ihre Untersuchungen nicht nur fortzusetzen und einem Ende zuzuführen, sondern auch die „Vorkhombene Special denunciation wider (den früheren Bürgermeister) Schinnerer“ zu untersuchen.5)
Als nach Ablauf der Amtsperiode Schoibers im September 1690 Neuwahlen stattfanden, erachtete es der kaiserliche Landschreiber als notwendig hervorzuheben, dass die Amtsführung in diesem Zeitabschnitt als „Lobwirdig . . . gebrisen (gepriesen)“ werden müsse. Auch der von den Wahlkommissären befragte Ausschuss der Bürger und ihr „Fürsprecher“ Johann Adam Paumbgartner erwideren auf die Frage, ob die Stadtverwaltung untadelig wäre, dass die ganze Bürgerschaft diese nur „geriembt vnd gelobt“ hatte.
Matthias Schoiber verblieb weiterhin Mitglied des Inneren Rates.6) 1692 legte er das Stadtkammeramt zurück7) und ersuchte den Magistrat, ihm einen für dieses Amt vorgeschossenen Betrag von rund 947 Gulden zurückzuzahlen. Im gleichen Jahr bot man dem ehemaligen Bürgermeister die Obervorgeherstelle des Steyrer Gliedes der Innerberger Hauptgewerkschaft an,8) doch erklärte sich Schoiber erst im März 1693 zur Annahme bereit,9) weil an diese die Bedingung geknüpft war, seine Handlung aufzugeben. Einen Monat später überantwortete er den Handel seinem Sohn Thomas, der in späteren Jahren (1722 bis 1733) der Stadt als Oberhaupt Vorstand.
Im Alter von 69 Jahren ereilte Matthias Schoiber am 10. März 1705 der Tod.10)
Schoiber war zweimal verheiratet. In erster Ehe mit Dorothea Haydenbrunnerin,11) in zweiter mit Susanne Löchnerin.12) Den zwei Ehen entsprossen sieben Kinder, von denen zwei in frühester Jugend verstarben.13)
Zur Erhaltung des Gedächtnisses an ihren Ehegemahl hinterlegte die Witwe Susanne beim Magistrat „auf Ewig“ ein Kapital von 2.000 Gulden, dessen jährlicher Zinsertrag von 5 % dem Dominikanerkonvent Steyr auszufolgen war.14)
Im Verlauf der Kämpfe gegen die Türken waren im Jahre 1688 Stadt und Festung Belgrad, damals auch Griechisch Weißenburg genannt, von den kaiserlichen Truppen erobert worden. Aus diesem Anlass richtete der Landeshauptmann an den Magistrat die Aufforderung, eine „Festivität und Danksagung“ abzuhalten.15) Um sich der Mitwirkung der kirchlichen Stellen zu versichern, entsandte der Magistrat den Stadtrichter Schwarzeigl und den Stadtschreiber Gasser zum Garstener Abt Anselm Angerer. Dieser erachtete den Anlass als geeignet, durch Übertragung der Reliquien der heiligen Columba, in deren Besitz er im gleichen Jahre gelangt war,16) die Bedeutung der Feier zu unterstreichen. Die Tumba mit den Reliquien wurde am 25. September von Garsten in die Kapuzinerkirche gebracht und am nächsten Tage in einer feierlichen Prozession, die über den Stadtgraben (heute Promenade), durch das Schloss und später über den Stadtplatz führte, in die Stadtpfarrkirche getragen. Hier fand die Tumba ihre endgültige Aufstellung. Magistrat, Handwerkszünfte, religiöse Bruderschaften, Geistlichkeit und Angehörige der Orden nahmen am Umgang teil. Die jenseits der Enns und Steyr ausgestellten städtischen Geschütze feuerten Salven, die Musiker spielten und alle Glocken der Stadt wurden geläutet. Diesem Ereignis verdankt das Heimathaus in Steyr die älteste in Öl gemalte Ansicht der Stadt.
Im Oktober 1690, einer Zeit, da die Türken mit neuen Kräften den Kampf führten und einige Erfolge erzielen konnten, erließen die Stände ein Patent, das dem Magistrat auftrug, 50 Fußsoldaten anzuwerben und sie bis Ende Feber 1691 nach Linz zu schicken.17) Zur Bestreitung der Ausrüstung der Neugeworbenen wurde im ganzen Land anfangs 1691 eine Kopfsteuer (je Kopf der Bevölkerung und mit Berücksichtigung des Standes) ausgeschrieben. Außerdem wurde der Stadt ein bis Lichtmess zu bezahlendes „ganzes“ Rüstgeld vorgeschrieben.18)
- Johann Schoiber war Eisenhändler im Haus Stadtplatz 15 und in erster Ehe mit Anna Eva Derfflmair, in zweiter mit Anna Maria N. verheiratet. Diesen zwei Ehen entsprossen 25 Kinder. 1684 starb er (RP 1684, 178).
- LV 10, 302. — Im Jahre 1695 kaufte Matthias Schoiber das Haus Stadtplatz 31 (Stehrerhof) von Graf Anton Franz von Losenstein, Dompropst in Passau (Stb. 1694, 34). Am 18.9.1682 verkaufte Schoiber sein Haus in Steyrdorf dem Weber Bartholomä Frelich (RP 1682, 133).
- RP 1670, 192; RP 1682, 133; RP 1686, 5; RP 1687, 103; RP 1688, 44, 61, 128.
- RP 1688, 128.
- Der Magistrat versuchte eine Verschiebung der Wahltermine zu erreichen, da die zweijährige Wahlperiode noch nicht abgelaufen war und der Kremser Simonimarkt im Oktober viele Steyrer Bürger zum Besuche anlockte. Außerdem war in der für die Wahl vorgesehenen Zeit eine andere Anzahl von Bürgern wegen der Weinlese in Niederösterreich abwesend. Da aber der Landeshauptmann eine Verschiebung ablehnte und das Ersuchen darum bei ihm sogar „Vngleiche gedankhen erweckht hatte“, wurden die Ratsherren Wolfgang Furthmüllner und Maximilian Schinnerer angewiesen, am 21. Oktober morgens mit entsprechendem Fuhrwerk nach Linz zu reisen, um Vizedom Johann Anton Eckhardt von der Thann und den Landschreiber abzuholen und nach Steyr zu geleiten. Der Landeshauptmann erwartete die Linzer Herren beim „Würth im Felt, Vnweith Diettach“. Zu seinem Empfang wurden die Ratsmitglieder Höger und Schäffler beordert. Als die Wagen gegen 8 Uhr abends am Stadtplatz einrollten, bliesen die Stadtturner auf ihren Posaunen einen Willkommengruß. Vor beim Eingangstor des Gasthofes Johann Adam Paumbgartner hatte sich der gesamte Rat mit dem Bürgermeister und dem Stadtrichter an der Spitze zum Empfang eingefunden. Stadtschreiber Gaffer entbot den Wahlkommissären die „gewöhnlichen Empfangs-Complemente“. Nach Besuch einer Messe in der Dominikanerkirche um 7 Uhr des nächsten Tages, begaben sich die Wahlkommissäre ins Rathaus.
- RV 1692. 140; RP 1693, 124; RP 1696, 161; RP 1697, 162; RP 1700, 96; RP 1705, 12.
- RV 1692, 98.
- RP 1692, 19.
- RP 1693, 52, 78.
- RP 1705, 60, 68, 69; Totenregister 1700—1770, S. 61, Stadtpfarrkirchenamt.
- Eheregister I, S. 419, Stadtpfarrkirchenamt Steyr.
- Eheregister I, S. 487, Stadtpfarrkirchenamt Steyr.
- Barbara, Eva, Rosina, Margarethe, Thomas, Johann, Ignaz.
- RP 1707, 23, 28.
- RP 1688, 194, 195. — Im Monate September wurde aus diesem Anlass die Kanzel in der Stadtpfarrkirche beschleunigt fertiggestellt.
- LV 1, 314.
- RP 1690, 172; RP 1691, 43, 61. — Der Rat musste jedoch Ende Feber bekanntgeben, dass es ihm nicht gelungen war, die vorgeschriebene Anzahl von Fußsoldaten anzuwerben. Der Magistrat wurde beauftragt, die Werbung fortzusetzen.
- RP 1691, 10. — Auch diese Steuer wurde für Kriegsrüstungszwecke und zur Ausrüstung des aufgerufenen 30., 20. und 10. Mannes verwendet.
„Instruction für Einen Herrn Burgermaister“
Wie schon erwähnt, hatte eine im Jahre 1673 in Steyr tätige Wirtschaftsuntersuchungskommission angeregt, für jedermann, der ein Stadtamt verwaltete, Richtlinien für seine Tätigkeit zu erlassen, was auch in einem kaiserlichen Dekret vom April 1673 gefordert wurde. Um diesem Begehren Folge zu leisten, wurde am 7. Jänner 1689 vom versammelten Rat auch für den amtierenden und die künftigen Bürgermeister der Stadt eine „Instruction“ beschlossen und, nach deren schriftlicher Ausfertigung, mit dem Geheimsiegel der Stadt versehen.
Im ersten Punkt der „Instruction für Einen Herrn Burgermaister“ wird jedem „erwöhlten vnd allergnädigst Confirmirten Herrn Burgermaister“, unter Berufung auf seinen Amtseid, aufgetragen, sein besonderes Augenmerk dem Wirtschaftswesen der Stadt zu widmen, darauf seinen „Eussersten Fleiß“ zu verwenden und ein „wachtsames Aug“ zu haben. Weiters wäre es wichtig, für eine „gebührende Inspection der ganzen gmain- vnd Burgerschaft (Gemeinschaft und Bürgerschaft)“ Sorge zu tragen. Überdies hätte der jeweilige Bürgermeister sich nicht nur selbst eines tugendhaften frommen Lebenswandels zu befleißen, sondern bei Notwendigkeit auch die Bürger dazu anzuhalten, damit „allerseits gute Ehrbarkeit und Gottesfurcht erhalten … werde …“.
Der nächste Punkt empfiehlt dem Bürgermeister gegen jedermann, ob reich oder arm, „schnurgerade und ungeschwächte Gerechtigkeit“ zu üben und sich, je nach Beschaffenheit der von den Parteien vorgebrachten Angelegenheiten, „gnädig oder ernstlich“ zu verhalten.
Ohne Vorwissen des Bürgermeisters dürften Zusammenkünfte oder Versammlungen der Handwerker nicht stattfinden. Diesen sei zur Pflicht gemacht, ihre Jahrestage abzuhalten und die von ihren Vorfahren gestifteten Gottesdienste in der Stadtpfarrkirche bestellen zu lassen. Ebenso sei den Zechmeistern der Handwerkszünfte einzuschärfen, die Einkommen der Handwerksladen nicht durch „übermässige zöhrungen“ zu verschwenden, sondern diese Gelder zur Bestreitung wichtiger und notwendiger Auslagen des Handwerkes zu verwenden.
Eine weitere Verpflichtung bestand darin, dass der Bürgermeister die Gebarung des Verwalters der Spitäler und Armenhäuser zu überwachen hatte, damit diese, wie „Bißhero yeblich (üblich) gewest . . . versehen und ohne Klag gehalten werden“. Auch müsste der Bürgermeister die bestellten Schulinspektoren zu „fleissiger Visitirung“ der Schulen anhalten, falls dies erforderlich wäre. Dies, damit die Jugend zu „Gott seeligen Wandl, Ehrbaren Leben und guetten Sitten“ auferzogen werde. Es solle jedem, ohne Ansehen der Person, gleiches Recht, „Lieb, Gunst, Nuzen, Freundt- oder Feindschaft“ zuteilwerden.
Jede Woche solle der Bürgermeister zwei Ratstage abhalten und zwar am Mittwoch und am Freitag. Die Ratsmitglieder hätten hiervon am Tage vorher verständigt zu werden. Da diese durch ihre Tätigkeit für das Gemeinwohl „ohne sonderliche Ergezlichkeit (Belohnung)“ ihre eigenen Angelegenheiten hintanstellen müssen, wären die Sitzungen im Sommer auf die Zeit von 7 bis 11 Uhr und im Winter auf die Zeit von 8 bis 11 Uhr zu beschränken.
Ohne Beisein und Einwilligung der Mitglieder des Inneren Rates dürften keine Weisungen an das Steueramt gegeben werden, Einnahmen oder Ausgaben zu tätigen. Der Steueramtsverwalter dürfe ohne Wissen des Bürgermeisters, des Richters und der Räte nur Normalausgaben leisten, Boten und Almosen auszahlen. Unvorhergesehene Ausgaben in der Höhe von 10 bis 15 Gulden, die keinen Aufschub duldeten, könne er ebenfalls begleichen, er habe sie aber in der nächsten Ratssitzung bekanntzugeben und nachträglich bewilligen zu lassen. Seien andere, keine Verzögerung duldende Angelegenheiten zu regeln, die nicht mehr zum Beschluss vor den Rat gebracht werden können, sind diese mit dem Stadtschreiber (Magistratsdirektor) und einem „negst an der Handt gelegenen Innern Rathsfreundt“ reiflich zu überlegen und dann in Angriff zu nehmen. Die Mitglieder des Äußeren Rates, denen bei ihrer Wahl gewisse Aufgabenkreise übertragen werden, sind bei Angelegenheiten, die ihr Ressort betreffen, zur Ratssitzung, in der die betreffenden Angelegenheiten behandelt werden, einzuladen. In den Sitzungen sind schriftliche Eingaben an den Magistrat vom Stadtschreiber zu verlesen, mündliche Vorschläge mit allen „behängen umbständen“ objektiv vorzutragen.
Jedes Ratsmitglied soll das Recht haben, seine Meinung ohne „einreden und mißfählige Correction (mißfällige Verbesserung)“ frei äußern zu können. Erweist es sich, dass sich aus Beschlüssen Schäden für die Stadt ergeben, soll es unverwehrt bleiben, die Angelegenheit nochmals zu beraten. Die Majorität der Stimmen entscheidet über einen Antrag.
Unter den Ratsmitgliedern möge gute Freundschaft und Einigkeit herrschen, bei Missverständnissen hätte der Bürgermeister in Güte oder unter Berufung auf das abgelegte Gelöbnis zu vermitteln.
Der Bürgermeister muss ferner trachten, dass gefasste Beschlüsse, mögen sie „justiz oder Würthschaffts Sachen“ betreffen, ohne Verzug und sinngemäß ausgeführt werden und der erforderliche Schriftverkehr in der Stadtkanzlei durchgeführt und auch „fleißig expedirt“ wird.
Bei Unstimmigkeiten oder Klagen gegen das eine oder andere Ratsmitglied, oder bei sonstigen Begebenheiten, an denen ein Ratsmitglied interessiert war, ebenso bei einem Freundschafts- und Verwandtschaftsverhältnis, hat der Bürgermeister die aus solchen Gründen befangenen Ratsmitglieder „abtretten (zu lassen) und die fürkhommene Sach mit den ybrigen Rath (zu) Erledigen…“
Verreist der Bürgermeister oder ist er in eigenen Geschäften abwesend oder in einer Angelegenheit, die vor dem Magistrat auszutragen ist, Beteiligter, so hat er Sorge zu tragen, dass ihn ein „angesetzter“ Bürgermeister vertritt. Der Stellvertreter soll immer der Älteste im Rat, der Ratssenior, sein. Auszuschließen von dieser Vertretung sind jedoch, auf Grund eines gefassten Ratsbeschlusses, jene Ratsmitglieder, die Obervorgeher und Vorgeher der Hauptgewerkschaft sind. Dem „angesetzten“ Bürgermeister werden für die Zeit seiner Amtstätigkeit dieselben Pflichten auferlegt wie sie der abwesende Bürgermeister zu befolgen hat.
Bei Todesfällen in der Stadt hat der Bürgermeister durch den zuständigen Viertelmeister, nach dem bisher geübten Brauch, erkunden zu lassen, ob ein Testament vorhanden sei, die Anzahl der Kinder und eventueller Gläubiger zu ermitteln. Hierauf sollte unter Zuziehung der zu bestimmenden Kommissäre und der Stadtkanzlei eine Sperre über des Verstorbenen Verlassenschaft verfügt und in weiterer Folge eine Verlassenschaftsabhandlung eingeleitet werden.
Besonderes Augenmerk richte der Bürgermeister auf die Lebensnotdürfte der Bevölkerung und zwar „wo von der arme Mann und Handwerkher seine Tägliche Nahrung gesuecht, Insonderheit aber auf dz Liebe Brot (acht) haben, dz solches in recht messiger Güette, gerechten Gewicht und Mass gebachen und solcher gestalten in den gewöhnlichen Brodt Laden unter dem Rathaus gebracht werden …“ Bei den Bäcken soll hie und da im Jahre unangesagte Nachschau gehalten und das Brot nachgewogen werden. Auch die Fisch- und Fleischbeschau soll „offters und fleißig fürgenohmen“ werden. Würde bei den Bäckern das Brot nicht nach der Bäckerordnung in „rechter güette und Gewicht“ angetroffen, soll jener anfänglich mit einer Geldbuße und bei mehrmaligem Verstoß mit der „deßwegen aufgerichten Bökhen Schupfen“ bestraft werden. Sollten Fleischer und Fleischhändler die Preise „nach eigenem Gefallen“ steigern, seien sie „ernstlich“ abzustrafen. Der „Fürkauf“ sei gänzlich abzustellen, damit die armen Handwerksleute und die Bürgerschaft auf den Wochenmärkten mit den benötigten Lebensmitteln (Getreide, Fleisch, Schmalz, Fischen und anderen Viktualien) versorgt werden könnten. Kaiser Leopold I. hatte verfügt, dass künftig alle Jahresabrechnungen der städtischen Verwaltung (Stadt Raittungen) innerhalb von zwei Monaten nach Jahresende fertiggestellt sein müssten. Dem Steueramt wurde dieser Termin auf drei Monate erstreckt. Diese Fristen müssten eingehalten werden, widrigenfalls der zuständige Beamte seines Dienstes enthoben würde. Der „Herr Burgermaister habe solche anstalt principalihsime zu oberserviren“ und überdies „jederzeit zu trachten, daß alle unnothwendige Raiß (Reisen), Gepau (Bauten), zöhrungen wie auch andre kleine unkhosten in eusserste Gesparsamkeit gezogen werden.“
Der Magistrat hat den Bürgermeister gebührend zu respektieren und ist schuldig „Ihme mögligist Ahsistenz zu laisten“. Dem Bürgermeister wird aufgetragen, dass er nicht nur die in dieser Instruktion festgelegten Grundsätze „unveränderlich beobachte“, sondern auch alles tue, was der Stadt und ihren Bewohnern „zu Nuzen, Ehr und Wohlfahrt gedeyen mag“. Recht, Gerechtigkeit, Gewohnheiten und Privilegien soll er nach möglichsten Kräften beachten und im Falle eines Verstoßes wider diese hierüber dem Rat berichten. Der Bürgermeister soll als „Treuer Vatter des Commun Weeßens und Burgerschafft, mit Hindansetzung alles aigenen Nuzens“ wirken und sich vom „Magistrat wohl bedachtsamb berathschlagen“ lassen.
Der letzte Punkt der Instruktion besagt, dass die dem Bürgermeisteramt „anhängige mühe und arbeith sehr groß und beschwerlich (und) daher einer geziemenden Erkantnuß (Honorierung) gar wohl würdig ist“. Wegen der derzeitigen schlechten Finanzlage jedoch müsste sich das Stadtoberhaupt weiterhin mit einem Jahresgehalt von 20 Gulden und einem Brennholzdeputat „befridigen lassen“. Hiezu seien ihm noch die „Fertigungsgebühr“ und zu etwas „mehrer Ergözlichkeit bey Begebenden Spörren (Sperren) und abhandlungen, es seye durch Testament, Inventur oder Erbschaffts Vergleich“ von dem was in derlei Fällen dem Stadtschreiber als Taxe anzurechnen gebührt, der dritte Teil zu geben. Hätte der Stadtschreiber z. B. bei einer Verlassenschaftsabhandlung für seine Tätigkeit eine Taxe von 9 Gulden zu fordern gehabt, so hatte der Bürgermeister das Anrecht auf einen Zuschlag von einem Drittel, in diesem Falle auf drei Gulden.
Literaturverzeichnis
- Franz Xaver Pritz, Beschreibung der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebung, Linz 1837.
- Franz Xaver Pritz, Geschichte der ehemaligen Benediktinerklöster Garsten und Gleink, Linz 1841.
- Josef Ofner, Die Eisenstadt Steyr. Geschichtlicher und kultureller Überblick, Steyr 1958.
- Josef Ofner, Das „Kaiserliche Armaturwerk“, Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 23, Dezember 1962.
- Josef Ofner, Steyr vor dreihundert Jahren. Amtsblatt der Stadt Steyr, Jg. 6, Nr. 9.
- Alfred Hoffmann, Die Quellen zur Wirtschaftsgeschichte im Lande ob der Enns.
- Alfred Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, 2 Bünde, Linz 1956.
- Beschreibung Deß Empfangs vnnd Einzugs Der Aller-Durchleüchtigsten Kayserlichen Mayestätten Leopoldi I. et Eleonarae, Magdalenae, Theresiae. So In der Kays. Landt-Fürstl. Uhralten Cammer-Guett Statt Steyr deß Eertz-Hertzogthumbs Oesterreich Ob der Ennß/beschehen ist den 8. Tag des Monaths Augusti. Anno MDC. LXXX. Gedruckt zu Lintz/Bey Johan Jacob Mayr/Im Jahr 1681.
- Ludwig Edlbacher, Landeskunde von Oberösterreich, Wien 1883.
- Anton von Pantz, Die Gewerken im Bannkreise des steirischen Erzberges im Jb. der k. k. heraldischen Gesellschaft „Adler“. 27. u. 28. Bd., Wien 1917/18.
- Wahlbuch de anno 1618. St. A.
- Josef Fröhler, Prozessionen der Jesuiten in Steyr im 18. Jahrhundert. Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr. Heft 14, Dezember 1954.
- Adolf Bodingbauer, Zwei bemerkenswerte Weihnachtsbilder in Steyr, Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 23, Dezember 1963.
- Erlefried Krobath, Von alten Brunnen unserer Stadt. Amtsblatt der Stadt Steyr, Nr. 5, 1962.
Weiteres Quellenmaterial: Steuerbücher, Ratsprotokolle, Sterbe- und Hochzeitsmatriken im Stadtpfarramt Steyr.
Abkürzungen: LV = Literaturverzeichnis, RP = Ratsprotokoll.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 25, Dezember 1964